Günter Grass - Der ButtGünter Grass
aus: Der Butt - Den Kot beschauen (1977)

(...) Denn soweit ich zurückdenke und hinter mich schaue: alle Köchinnen (in mir) haben ihren Kot und - wann immer ich zeitweilte - auch meinen beschaut. Immer stand ich unter Kontrolle.

Zum Beispiel hat sich die dicke Gret als Äbtissin nicht nur- die Nachttöpfe aller Novizinnen zeigen lassen; jeder Küchenjunge, der ihr zulief, musste sich erst einmal durch gesunden Stuhlgang bewiesen.

Und als ich als Schwertfeger Albrecht mit täglicher Fastenküche geplagt wurde, wurde mir auch hinten raus keine Zensur erspart. Meine fleischlos kochende Ehefrau Dorothea war dergestalt unnachsichtig auf asketische Lebensweise versessen, dass sie mir nicht nur schmalzlos tischte, sondern auch prüfte, ob ich an fremden Tischen zu fetter Kost gekommen war: Sie hat meinen Kot auf unverdaute Sehnenreste, Spuren von Speckschwarten und Kuttelfasern durchstochert und mit ihrem eigenen Günter Grass - Der Butt (Taschenbuch)hochgotisch-bussfertigen Stuhlgang verglichen, der immer trocken und von übersinnlicher Blässe war, während ich mich schuldig gemacht habe: bei Zunftessen, wenn den Schmieden und Schwertfegern mit Milchhirse gefüllte Spanferkel zugeschnitten wurden, oder wenn ich mit meinem Freund, dem Holzschnitzer Lud, heimlich im Grünen oder in der vorstädtischen Bauhütte von Sankt Petri abkochte: Schafsnieren und fette Hammelschwänze über offenem Feuer geröstet. Dorothea blieb nichts verborgen. Verschluckte Knorpel und Knöchlein, die unversehrt hinten rausfanden, haben mich oft verraten.


Buchllink Buchllink (Taschenbuch)
Günter Grass
Der Butt - Den Kot beschauen
in: Luchterhand Verlag, Darmstadt/Neuwied (1977), S. 299 f. oder Steidl Verlag Göttingen (1997), S. 301 f.