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Literaturfragmente: Milch

Die Milch ist die erste Nahrung aller Säugetiere und damit des Menschen. Sie ist ein Symbol des Ernährtwerdens, des Hungerstillens, der Lustbefriedigung und immer mit der Person der Mutter verbunden.
Inhalt


Die Milch besitzt etwas unschuldiges, natürliches und spontanes. Sie steht für die Stillung von Hunger, Durst und Befriedigung gleichermassen. Sie gilt als tradionelles Frühstücksgetränk und leuchtet weiss in den Morgen hinein. Sie wird zwischen Mutter und Kind im gegenseitigen Interesse ausgetauscht. Diese Gabe erleichtert einerseits die Mutter (siehe Idylle von Maupassant) und ernährt andererseits das Kind. Sie ist sozusagen eine freiwillige Gabe der Natur und unterscheidet sich damit deutlich von der späteren Gewohnheit des Menschen sich auch von Fleisch und Pflanzen zu ernähren. Für diese spätere Ernährungsweise muss ein Opfer gebracht werden: Man muss töten, um zu leben. Dies gilt in abgewandelter Form auch für pflanzliche Nahrung, die der Erde abgerungen werden muss. Es ist doch schon eine Kultivierung nötig, die als Übergang zur Jagd und zum Schlachten verstanden werden kann. Diese ansatzweise gewalttätige Handlung wird umso deutlicher, wenn man weiss, dass der griechische Philosoph Pythagoras in den Bohnen die Seelen von Verstorbenen vermutete.

Die Milch steht damit in einem klaren Gegensatz zu Wein und Blut, die ihrerseits miteinander in Beziehung stehen.


BuchllinkGünter Grass, Gestillt:

Die Brust meiner Mutter war gross und weiss.
Den Zitzen anliegen.
Schmarotzen, bevor sie Flasche und Nuckel wird.
Mit Stottern, Komplexen drohen,
wenn sie versagt werden sollte.
Nicht nur quengeln.

Klare Fleischbrühe lässt die Milch einschiessen
oder Sud aus Dorschköpfen trüb gekocht,
bis Fischaugen blind
ungefähr Richtung Glück rollen.

Manner nähren nicht.
Männer schielen heimwärts, wenn Kühe
mit schwerem Euter die Strasse
und den Berufsverkehr sperren.
Männer träumen die dritte Brust.
Männer neiden dem Säugling
und immer fehlt ihnen.

Unsere bärtigen Brustkinder,
die uns steuerpflichtig versorgen,
schmatzen in Pausen zwischen Terminen,
an Zigaretten gelehnt.

Ab vierzig soliten alle Männer wieder gesäugt werden:
öffentlich und gegen Gebühr,
bis sie ohne Wunsch satt sind und nicht mehr weinen,
auf dem Klo weinen müssen: allein.

Ab vierzig sollten alle Männer wieder gesäugt werden.

Buchllink Buchllink (Taschenbuch)

BuchllinkGuy de Maupassant, Idylle (1884):

Sie fuhr fort: "Wenn man so viel Milch wie ich hat, muss man dreimal am Tag die Brust geben, sonst fühlt man sich beklommen. Es ist wie ein Gewicht, das mir über dem Herzen liegt, ein Gewicht, das mich am Atmen hindert und mir die Glieder zerdrückt. Es ist ein Unglück, soviel Milch zu haben." ...

Buchllink Audio CD Cassette

Rubens - Cimon und Pero - 1630 - Öl auf Leinwand - 155x190 cm - Rijksmuseum, Amsterdam (Bildauschnitt)

Petrus Paulus Rubens - Cimon und Pero - 1630 - Öl auf Leinwand - 155x190 cm - Rijksmuseum, Amsterdam
(siehe auch hier)
BuchllinkNovalis, Fragmente:

Der Mann ist mehr mineralisch, die Frau mehr vegetabilisch. - Synthesis von Mann und Weib. (Grund der Gastfreundschaft der Alten - Abendmahl; gemeinschaftliches Essen und Trinken ist eine Art Vereinigung, ein Generationsakt.)

Buchllink (kommentierte Ausgabe)James Joyce, Ulysses (1922):

Der Türgang wurde von einer eintretenden Gestalt verdunkelt.
- Die Milch,Sir.
- Kõmm' Sie rein, Ma'am, sagte Buck Mulligan. Kinch, angel dir mal den Krug.
Eine alte Frau trat heran und blieb neben Stephen stehen.
- Ein herrlicher Morgen heute, Sir, sagte sie. Ehre sei Gott.
- Wem? sagte Buck Mulligan mit einem raschen Blick, auf sie. Ah ja, natürlich.
Stephen langte hinter sich und nahm den Milchkrug vom Schränkchen.
- Die Insulaner, sagte Mulligan beiläufig zu Haines, reden oft und gern vom Sammler der Vorhäute.
- Wieviel, Sir? fragte die alte Frau.
- Ein Quart, sagte Stephen.
Er sah ihr zu, wie sie zuerst in das Mass, dann in den Krug die fette weisse Milch goss, nicht ihre. Alte verschrumpelte Titten, Sie goss ein zweites Mass, gab noch ein Quentchen zu. Alt und heimlich war sie eingetreten aus einer Morgenwelt, vielleicht eine Botin. Sie pries die Güte der Milch, während sie goss. Kauernd neben einer geduldigen Kuh bei Tagesanbruch im saftigen Feld, eine Hexe auf ihrem Giftpilz, die verrunzelten Finger behend an den sprudelnden Zitzen. Sie umhüllten sie, die sie kannten, tauseidiges Vieh. Seide der Kühe und arme alte Frau, Namen, ihr einst vor Zeiten gegeben. Eine ewige Schlumpe, niedrig Gehäus' von Unsterblichem, ihrem Eroberer dienend und ihrem heiteren Verräter, ihre gemeinsame Bettgenossin, eine Botin aus dem heimlichen Morgen. Zu dienen oder zu schelten, was davon, konnte er nicht sagen: doch er verschmähte es, um ihre Gunst zu buhlen.
- Ja, in der Tat, Ma'am, sagte Buck Mulligan und goss Milch in ihre Tassen.
- Kosten Sie mal, Sir, sagte sie.
Er trank auf ihr Geheiss.
- Wenn wir man immer so leben könnten, mit sowas Gutem im Magen, sagte er zu ihr etwas laut, dann hätten wir nicht das ganze Land voll verfaulter Zähne und verfaulten Gedärms. Aber da lebt man in einem Schlammpfuhl, frisst mieses Zeug, und die Strassen sind gepflastert mit Abfällen, Pferdemist und dem Auswurf von Schwindsüchtigen....

Buchllink (kommentierte Ausgabe) Buchllink

Petrus Paulus Rubens - Cimon und Pero - Landesmuseum Graz (Bildausschnitt)

Petrus Paulus Rubens - Cimon und Pero - Landesmuseum Graz (siehe auch hier)
BuchllinkJean-Jacques Rousseau, Julie oder Die neue Héloïse:

Milchkost und Zucker gehören zu den natürlichen Vorlieben des anderen Geschlechts, sind gleichsam Sinnbild der Unschuld und der Sanftmut, die seine anmutigste Zierde bilden. Männer hingegen begehren im allgemeinen stark gewürzte Speisen und geistige Getränke, eine Nahrung, die mehr dem tätigen, arbeitsamen Leben, das die Natur von ihnen fordert, entspricht.

BuchllinkHans Henny Jahnn, Fluss ohne Ufer (1949):

Stinas Küche war eine jener altertümlichen grossartigen Zauberstätten, in denen sich die Rohstoffe der Gemüse, Früchte, geschlachteten Tiere, Milch, Rahm, Mehl, Butter,Wein, Rum, Zucker, Hefe, Eier, Gewürze in delikate Speisen verwandelten.

BuchllinkBram Stoker, Dracula (1897):

(...) Minas Haltung hatte verzweifelte Ähnlichkeit mit der eines kleinen Kätzchens, dem ein Kind die Nase in die Milch stösst, um es zum Trinken zu zwingen. (...)

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Literaturfragmente zum Thema Blut und Wein...
BB / 6.8.2004 - Last update: 27.12.2004
Autor: Dr. Bruno Baumann / Seitenaufrufe:
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