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Textfragmente:
Totem, Tabus, Gewohnheiten

Die Identität eines Volkes äussert sich nicht nur in einer gemeinsamen Sprache, Religion und Kleidung, sondern oft auch daran, wie und was gegessen wird.
Inhalt


BuchllinkJean-Jacques Rousseau, Julie oder Die neue Héloïse:

Ganz allgemein glaube ich, dass man oft einen Hinweis auf die Wesensart der Leute in der Wahl der Nahrungsmittel finden kann, die sie bevorzugen. Die Italiener, die viel Gemüse essen, sind weibisch und weichlich. Ihr Engländer, die ihr grosse Fleischesser seid, habt in euern unbeugsamen Tugenden etwas Hartes, das der Barbarei nahekommt. Der von Natur frostige, friedfertige und einfache, aber im Zorne auch heftige und aufbrausende Schweizer liebt beide Arten von Nahrungsmitteln zugleich und trinkt sowohl Wein als auch Milch. Der geschmeidige und wechselhafte Franzose lebt von allen Speisen und kann sich allen Denkungsarten fügen.

BuchllinkHugo Loetscher, Die Welt zu Tisch:

Was, wenn die Nahrungsmittel zu ihrer kulturgeschichtlichen Biographie kämen? Ich könnte mir vorstellen, dass auf den Packungen unserer Nahrungsmittel in Zukunft nicht nur das Verfallsdatum steht und nicht nur über die Chemie Auskunft gegeben wird, damit ich erfahre, dass es bei meinen Oliven im Glas nicht ohne Bindemittel und Genusssäure ging. Müsste man der Hirse nicht die Ehre antun und daran erinnern, dass sie einst auch bei uns ein Hauptnahrungsmittel war? Und beim Mais nicht nur die Angaben für eine Polenta aufdrucken, sondern erwähnen, dass der Mais in einem seiner Ursprungsländer, bei den Mayas, nicht als Ware gehandelt wurde, da für die Grundnahrung der Hunger als Nachfrage genügt und nicht zum Geschäft werden darf. Zu solchen Biographien gehörten unabdingbar die Routen, welche die Pflanzen und die Tiere im Lauf der Geschichte zurücklegten; nicht nur von der Seiden-Strasse reden, sondern auch von der Reis-Strasse oder von den Wegen und Umwegen des Schwarztees, davon, wie der Eukalyptus nach Kalifornien kam und die Zuckerrübe nach Russland. Und bei den Routen nicht nur die geographischen meinen, sondern auch die sozialen, wie etwa die der Dattel: dass aus der monotonen Nahrung der Armen eine Delikatesse wurde, und dass die Kastanie in der Südschweiz eine ähnliche Karriere zurücklegte, indem sie den Gotthard überstieg. Dabei würde uns bewusster, wie bei Tisch Fremdes und Einheimisches schon immer ineinander übergingen, eine Erkenntnis, die nicht nur Topf und Teller zugute kommt.

BuchllinkFriedrich Nietzsche, Ecce Homo:

Aber die deutsche Küche überhaupt - was hat sie nicht alles auf dem Gewissen! Die Suppe vor der Mahlzeit (noch in venezianischen Kochbüchern des 16. Jahrhunderts alla tedesca genannt); die ausgekochten Fleische, die fett und mehlig gemachten Gemüse; die Entartung der Mehlspeise zum Briefbeschwerer! Rechnet man gar noch die geradezu viehischen Nachgenuss-Bedürfnisse der alten, durchaus nicht bloss alten Deutschen dazu, so versteht man auch die Herkunft des deutschen Geistes - aus betrübten Eingeweiden... Der deutsche Geist ist eine Indigestion, er wird mit nichts fertig. - Aber auch die englische Diät, die im Vergleich mit der deutschen, selbst der französischen, eine Art Rückkehr zur Natur, nämlich zum Kannibalismus ist, geht meinem eignen Instinkt tief zuwider; es scheint mir, dass sie dem Geist schwere Füsse gibt - Engländerinnen- Füsse... Die beste Küche ist die Piemonts.

Buchllink Audio-CD

BuchllinkAntonio Tabucchi, Lissabonner Requiem (1991):

(...) Das Restaurant des Herrn Casimiro war wirklich hübsch. Der Boden war mit rautenförmigen schwarzweissen Marmorfliesen ausgelegt, und an den Wänden befanden sich Kacheln aus der Jahrhundertwende. Am anderen Ende des Saals, in der Nähe der Küche, hockte ein Papagei aut seiner Stange, und hin und wieder krächzte er: Um so besser! Herr Casimiro brachte Brot, Butter und Oliven. Zum sarrabulho sollte man Rotwein trinken, sagte er, aber ich weiss nicht, ob er Ihrem Freund schmeckt, ich habe gerade einen Reguengos aus dem Keller geholt, den ich Ihnen wärmstens empfehle. Mir ist Reguengos recht, entschied Tadeus. Ich nickte und seufzte: Einverstanden, das ist das Ende.

(...)


BuchllinkItalo Calvino, Unter der Jaguar-Sonne:

Dies nämlich war eine Schlussfolgerung, zu der ich gelangt war und die Olivia sich prompt zu eigen gemacht hatte (oder zu der mir Olivia vielleicht die Idee eingegeben und die ich dann lediglich in meinen Worten wiederholt hatte): Die wahre Reise, verstanden als Introjektion eines Aussen, das sich von unserer gewohnten Aussenwelt unterscheidet, impliziert eine totale Veränderung der Ernährungsweise, ein Verschlingen des besuchten Landes in seiner Fauna und Flora und seiner Kultur (wozu nicht nur die andersartigen Küchen- und Zubereitungsverfahren gehören, sondern auch der Gebrauch der andersartigen Instrumente, mit denen Körner zerstossen oder Suppen umgerührt werden), indem man es über die Lippen führt und durch die Speiseröhre hinabgleiten lässt, es sich also buchstäblich einverleibt. Dies ist die einzige Art zu reisen, die heutzutage noch einen Sinn hat, seit man alles, was es zu sehen gibt, auch im Fernsehen sehen kann, ohne sich aus dem Sessel zu rühren. (Und man sage nicht, es sei dasselbe Ergebnis auch durch den Besuch der exotischen Restaurants in unseren Metropolen zu erreichen: Sie verfälschen die Realität der Küche, auf die sie sich berufen, dermassen gründlich, dass sie unter dem Aspekt der Erkenntniserfahrung, die man aus ihnen gewinnen kann, nicht einem Dokumentarfilm gleichen, sondern einer im Studio nachgebauten und abgefilmten Rekonstruktion des Ambiente.)

Buchllink Buchllink (Taschenbuch)

BuchllinkSamuel Beckett, Watt (1968):

Mr. Knotts Mahlzeiten machten kaum Mühe.

Samstag abends wurde eine Menge Nahrung zubereitet und gekocht, die genügte, um Mr. Knott eine Woche lang durchzubringen.

Dieses Gericht enthielt Nahrungsmittel verschiedener Art, wie Suppen verschiedener Art, Fisch, Eier, Wild, Geflügel, Fleisch, Käse, Obst, alles verschiedener Art, und freilich Brot und Butter, und es enthielt auch Getränke, denen am meisten zugesprochen wird, wie Absinth, Mineralwasser, Tee, Kaffee, Milch, Stout, Bier, Whisky, Cognac, Wein und Wasser, und es enthielt auch viel für die Gesundheit, wie Insulin, Digitalin, Kalomel, Jod, Laudanum, Quecksilber, Kohle, Eisen, Kamille und Wurmmittel, und freilich Salz und Senf, Pfeffer und Zucker, und freilich ein Tröpfchen Salizylsäure gegen die Gärung.

(...)



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BB / 4.9.2004 - Last update: 07.12.2004
Autor: Dr. Bruno Baumann / Seitenaufrufe:
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