Bei Beeren, insbesondere Erdbeeren, greifen Gourmets erst zu, wenn die Schweizer Ernte beginnt. Im Gegensatz zu den importierten Beeren werden die hiesigen Beeren essreif gepflückt, kommen damit frischer auf den Markt und sind deshalb viel aromatischer. Auch neue Schweizer Sorten werden gemäss Aussage von Reto Neuweiler (1) von der Eidg. Forschungsanstalt Wädenswil vermehrt aufgrund des Geschmacks ausgewählt. Erst an zweiter Stelle kommt beispielsweise der Flächenertrag. Bei der Grösse zielt man auf mittlere Grössen. Im Gegensatz dazu spielen in den klassischen Exportländern Faktoren wie Haltbarkeit und Transportfähigkeit eine wesentlich grössere Rolle. Man macht dafür oft Kompromisse beim Geschmack.
Welche Erdbeersorten sind in der Schweiz erhältlich?
In der Schweiz wird bei den Erdbeeren als Hauptsorte die Sorte «Elsanta» angebaut. Sie ist aromatisch, intensiv rot gefärbt und hat eine regelmässige Form. Der Handel schätzt sie dank ihrer guten Haltbarkeit. Sie ist sie im Anbau aber relativ krankheitsanfällig. Zurück gegangen sind die Produktionsmengen der Sorte «Elvira» und der geschmacklich schwachen Sorte «Marmolada». Auf dem Vormarsch ist dagegen die hocharomatische und festfleischige Sorte «Darselect». Sehr aromatisch sind grundsätzlich Walderdbeeren, die man zwar durchaus züchten kann, aber deren Erträge zu gering sind. Den typischen Geschmack auf Gartenerdbeeren zu übertragen ist leider schwierig. Wer auf dem Wochenmarkt einkauft, kann nach der Sorte «Lambada» suchen. Diese Sorte ist geschmacklich top, von der Konsistenz her zart schmelzend und kleinwüchsig. Ähnliche Eigenschaften weist die sehr aromatische aber schlecht haltbare Spätsorte «Pedrina» auf: Der Handel meidet sie, weil ihre dunkelrote Farbe den Eindruck von Überreife erweckt. Die Bauern vermarkten diese Rarität daher direkt.
Wie gut schmecken Hors-sol-Beeren?
Der Beeren-Anbau wird in der Schweiz immer professioneller: Einige Produzenten machen auch gute Erfahrungen mit Substrat-Kulturen (früher «Hors-sol» genannt). Beim Thurgauer Bauer Anton Wieland in Märstetten wachsen die Erdbeeren im Plastiktunnel auf bewässertem Kompost-Substrat. Dadurch werden die Produzenten kontinuierlich lieferbereit. Aber wie steht es mit dem Geschmack? Wieland meint, dass bei idealem Wetter die Qualität im Freiland etwas besser ausfällt. Aber oft herrscht kein ideales Beerenwetter, so dass im Durchschnitt der Substrat-Anbau im Tunnel nicht schlechter bewertet wird. Ob Tunnel-Stauden im Boden oder Substrat-Kultur, hat also kaum einen Einfluss auf die Qualität.
Himbeeren auf dem Vormarsch
Vom Beeren-Bestseller bis zu den Raritäten
Aufsteiger |
Himbeeren, Heidelbeeren |
Absteiger |
Brombeeren, Stachelbeeren |
Spezialitäten, Raritäten |
Weisse Johannisbeeren, Stachelbeeren, Cassis, Preiselbeeren, echte Wald-Heidelbeeren und Wald-Erdbeeren, Jostabeeren, Cranberrys |
Die Schweizer Himbeeren-Hauptsorte ist die grosswüchsige Sommerhimbeere «Meeker». Sie gilt als die schmackhafteste Himbeere. Auch die neue Züchtung «Tulameen» liefert ein gutes Aroma, festes Fleisch und grosse Beeren. Für Händler und Konsumenten ist sie zwar ideal, aber im Anbau gilt die Sorte als heikel. Eine neue Herbsthimbeere trägt den Namen «Autumn Bliss». Sie ist zwar mechanisch robust aber von geringer Haltbarkeit. Auch bei den Himbeeren sind die Geschmacksunterschiede je nach Wetter und Reifegrad gross. Das Aussehen kann bez. Geschmack stark täuschen: Die Sorte «Rusilva» ist eher hellrot aber trotzdem sehr aromatisch.
Früher wurden fast nur Sommerhimbeeren angebaut, die Mitte Juni bis Ende Juli reif sind. Vor einigen Jahren kamen dann Herbsthimbeeren auf den Markt, deren Erntezeit von Anfang August bis Ende September dauert. Diese Sorten machen inzwischen rund die Hälfte der Anbaufläche aus. Damit konnte die Saison der einheimischen Himbeeren mehr als verdoppelt werden und der Absatz stieg entsprechend.
Brombeeren ohne Sortenauswahl
Bei Brombeeren besteht kaum eine Wahl zwischen verschiedenen Sorten. Es wird nur noch die stachellose und wohlschmeckende Sorte «Loch Ness» angebaut.
Holunder- und Johannisbeeranbau gewinnen an Bedeutung
Als Folge von neuen Anlagen hat sich der Holunderanbau mehr als verdoppelt. Zugelegt haben auch Johannisbeeren, Heidelbeeren und Stachelbeeren. Bei Heidelbeeren ist die qualitativ gute Sorte «Blue Crop» die Hauptsorte.
Hitze und Dauerregen sind für Erdbeeren Aromakiller
Die Schweizer Produzenten haben in den letzten Jahren neue aromatische Sorten gepflanzt und den Anbau professionalisiert. Die meisten Produzenten pflanzen heute einjährige Erdbeer-Kulturen. Diese kosten zwar mehr, liefern aber eine bessere Qualität und sind weniger krankheitsanfällig. Einige Profis verwenden inzwischen sogar einjährige Himbeerkulturen.
Der Geschmack der Beeren hängt von der Sorte und der so genannten Temperatursumme beim Wachstum ab: jeder warme Tag fördert die Zuckerbildung. Auch das Wetter spielt eine Rolle: Frost, Regen und Hitze schaden der Qualität. Ist es beispielsweise während mehrerer Tage 30 °C heiss, reifen die Beeren zu schnell und sie bilden zu wenig Zucker. Den intensivsten Geschmack entwickeln Erdbeeren bei bedecktem Himmel und leichtem, sporadischem Regen. Ideal sind dabei Temperaturen von 20-25 °C. Bei höheren Temperaturen bilden die Erdbeeren kleinere Früchte und bringen damit weniger Ertrag. Einer Hitzewelle stehen die Bauern aber machtlos gegenüber.
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Beeren richtig behandeln
Beeren kann man nicht nachreifen. Sie sind vollreif gepflückt am besten. Je reifer sie sind, desto kürzer haltbar sind sie. Überreif sind die Beeren oft schon an der Staude verdorben.
Wenn man sie ess- aber nicht vollreif pflückt, kann man sie ein bis zwei Tage lagern. Himbeeren sind bei 10 °C etwa zwei- bis dreimal länger haltbar als bei 20 °C. Aus dem Kühlschrank genommen entsteht aber Kondenswasser, das einerseits die Fäulnisbildung fördert und andererseits insbesondere bei Erdbeeren den Glanz zerstört. Bei Erdbeeren ist eine Lagerung bei 8-10 °C ideal, um einen Wärmeschock zu vermeiden. Man kann die Erdbeeren beispielsweise im Keller langsam auf Raumtemperatur bringen. Die Kühlraum-Luft sollte in jedem Fall nicht zu feucht sein, da sich sonst die Schimmelpilze rascher vermehren. Eine zu geringe Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls schlecht, weil die Beeren dabei austrocknen. Ideal ist im Kühlraum eine relative Feuchte von 90 % und ein maximaler Temperaturunterschied von 10 °C zwischen Lagerung und Verarbeitung. Ob man die Erdbeeren waschen soll, ist Ermessenssache. Der Fachmann rät, Erbeeren nur zu waschen, wenn sie schmutzig sind. Die grünen Kelchblätter sollten dazu nicht entfernt werden, da sonst Wasser ins Innere dringt und das Aroma verwässert wird. Zum Trocknen der Beeren sollten diese auf Küchenpapier ausgerollt werden.
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Bessere Qualität unter Dach
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Im Plastiktunnel kann man die Wachstumsbedingungen zwar etwas steuern, aber bei hohen Temperaturen wird der Hitzestress stärker.
Tunnels sind gut, um die Ernte zu verfrühen oder zu verspäten. Die Pflücker können im Tunnel auch dann arbeiten, wenn es regnet. Die Beeren werden nicht nass, bilden keine Wachstumsrisse und sind deshalb länger haltbar. Auch der Hagel kann ihnen nichts anhaben.
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Auf dem Vormarsch sind vor allem im Thurgau so genannte Substrat-Kulturen. Diese Methode bietet den Pflückern Vorteile: Die Erdbeeren wachsen für die Ernte ergonomisch ideal auf Brusthöhe. Man kann die Beeren rasch und ohne Rückenschmerzen ablesen. Diese Kulturen benötigen ausserdem weniger Pestizide.
Makellose Beeren ohne Chemie?
Obwohl die Ängste vor Rückständen selten fachlich berechtigt sind, wollen die Konsumenten makellose Früchte ohne Pestizidrückstände. Eine Stichprobe des Konsummagazins «Saldo» Mitte April 2003 bestätigte die Erfahrung, dass vor allem importierte Erdbeeren oft gewisse Rückstände von Pflanzenschutzmitteln enthalten. «Je weiter her die Früchte kommen, desto mehr Pestizide enthalten sie in der Regel», zitiert «Saldo» die kantonalen Laboratorien. |
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«Prix Bio» an Erdbeerzüchter
Im März dieses Jahres verlieh die Gesellschaft für biologischen Anbau «Bioterra» erstmals den Prix Bio. Damit ausgezeichnet wurde der Biobauer Ernst Niederer im St. Gallischen Berneck. Er ist in der Schweiz der einzige, der neue Erdbeersorten im Biolandbau züchtet. Sein Aufwand ist enorm: von rund 20000 Sorten haben sich heute zehn bewährt. Weitere Informationen zu Bioerdbeeren finden man unter www.bioterra.ch.
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Schweizer Bauern spritzen deutlich weniger: acht von zehn Produzenten produzieren ihre Ware «integriert». Bei dieser Methode darf nur wenn nötig zur chemischen Keule gegriffen werden. Bei Bio-Beeren sind Agrochemikalien sogar tabu. Für Rückstände gilt die Nulltoleranz. Bioerdbeeren werden deshalb auch primär auf Aroma und Pflanzengesundheit hin gezüchtet.
Referenzen:
(1) Dr. Reto Neuweiler, FAW, Schloss, 8820 Wädenswil, Tel. +41-(0)1-7836111
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